Customer Centricity (Teil 2): Zehn Möglichkeiten für mehr Nähe zum Kunden

Capita Mediathek
Date Published

02/10/2020

Reading time

10 Minuten

Author

Sabine Haas

Im ersten Teil unseres Insights zum Thema Customer Centricity haben wir die Begrifflichkeit umrissen, uns das Modell des Strategieansatzes angesehen und ein Beispiel für gelungene Customer Centricity aus der Praxis betrachtet. In Teil 2 möchten wir Ihnen nun 10 konkrete Ansätze und Tools zur Umsetzung des Strategieansatzes im Unternehmen vorstellen.

 

1. Kundendialog auf allen Kanälen ernst nehmen

Ein Kernbereich der Customer Centricity stellt das Customer Relationship Management dar. Der Dialog und die kontinuierliche Interaktion mit den Kunden ist ein zentraler Erfolgsfaktor, wenn es darum geht, Kundenerwartungen zu verstehen und Kunden an sich zu binden.

Ein Schritt in Richtung Kundenorientierung ist ein gut funktionierender Kundenservice. Egal über welchen Kanal der Kunde sich an ein Unternehmen oder eine Einrichtung wendet: Er sollte gehört werden und eine zufriedenstellende Antwort erhalten.

Für viele Unternehmen hat der Kundendialog im Service oft noch keine ausreichende Bedeutung. Die Chance, die in dem direkten Gespräch mit den Kundinnen und Kunden liegt, wird häufig nicht gesehen. Stattdessen gelten Servicecenter als »Kostentreiber«, die man möglichst nicht haben möchte.

In der Regel fehlt eine Differenzierung der Kundenanliegen: »Kostentreiber« sind die Servicekosten, die durch ungewollte Hürden in der Customer Journey oder durch nicht funktionierende Prozesse entstehen. So sollten rund um einen Kauf- oder Bestellprozess keine Barrieren auftreten, die den Service auf den Plan rufen. Nutzbringend sind dagegen alle Dialoge mit Kunden, die den Verkauf fördern helfen und/oder ein Feedback enthalten bzw. den Kunden mit Informationen versorgen. Für Unternehmen, die es mit Kundenorientierung ernst meinen, zahlt sich diese Art des Dialogs in jedem Fall aus.

 

2. Personas erstellen

Wer ist dieser Kunde eigentlich, von dem alle reden? Ist er männlich oder weiblich? Welches Alter hat sie oder er und welche Hobbies? Gibt es Kinder oder lebt die Person allein? Diese und ähnliche Fragen sollte man beantworten können, wenn man sich kundenorientiert aufstellen möchte.

Tatsächlich ist äußerst erhellend, die Antworten darauf zu finden und seine Zielgruppen in Form von Individuen, sogenannten »Personas« zu beschreiben.

Damit reduziert man natürlich auf ein idealtypisches oder stereotypes Kundenbild, aber dennoch: Es hilft sehr, Begriffe wie »Kundenzentrierung«, »Customer Experience« oder »Customer Journey« konkret werden zu lassen, wenn es um Karin oder Peter geht, die hinter diesen Begriffen stehen.

 

3. Jeder spricht mit den Kunden

Oft wird Kundendialog zum Hoheitsgebiet ernannt für spezifische Abteilungen wie Customer Service oder Vertrieb. Alle anderen Abteilungen liefern diesen Schnittstellen zu, die allein das Recht (und die Pflicht) haben, mit den Kundinnen und Kunden zu sprechen.

Kundenzentrierte Unternehmen gehen oft sehr spannende Wege, um diese Strukturen zu durchbrechen und alle Bereiche mit den Kunden in Kontakt zu bringen. So sollen Amazon und Dell ausgerufen haben, dass jeder Mitarbeitende mindestens einmal im Jahr am Kundentelefon sitzen muss, egal welche hierarchische oder inhaltliche Position er/sie bekleidet.

Der Vorteil: Jeder weiß, worum es geht, wenn über „die Kunden“ gesprochen wird und jeder spürt die Erwartungen und Wünsche der Unternehmenszielgruppen hautnah.

 

4. Kunden einbinden

Ein weiterer, sehr spannender Weg, um Kundinnen und Kunden näher ans Unternehmen zu bringen, ist deren Einbindung bei verschiedenen Prozessen des Unternehmens.

So kann man beispielsweise – wie u. a. Hessnatur es gemacht hat – einen Kundenbeirat bilden, der regelmäßig zusammenkommt und seine Meinung zu den aktuellen Unternehmensentwicklungen äußert.

Andere Möglichkeiten sind die Einbindung der Kunden als Produkttester oder als „Early Adopter“. Dies muss nicht immer auf die Produkte selbst bezogen sein, sondern gilt zum Beispiel auch für neue Verpackungsformen oder anderer Neuentwicklungen rund um die Produkte herum. So hatte beispielsweise Coca Cola vor einigen Jahren einen Designwettbewerb für die Entwicklung eines neuen Cola-Kastens ausgerufen.

 

5. Mitarbeiter zu Markenbotschaftern machen

Eine wichtige Schnittstelle zwischen Unternehmen und Kundschaft bilden der Mitarbeiter bzw. die Mitarbeiterin. Diese sollten möglichst als Repräsentanten des Unternehmens nach außen sichtbar sein – vor allem in der digitalen Kommunikation.

Dafür ist es wichtig, auch die Belegschaft von den eigenen Produkten und Leistungen zu überzeugen. Ein internes Marketing und die aktive Suche nach Markenbotschaftern sind notwendig, um eine nachhaltige Multiplikatoren-Wirkung zu erzielen.

So hat beispielsweise Mercedes festgestellt, dass die Belegschaft oftmals noch nie in einem Mercedes Benz gefahren ist. Mit verschiedenen Aktionen wie etwa der Bereitstellung von Elektroautos soll nun für mehr Teilhabe an der Unternehmensentwicklung gesorgt werden.

 

6. Social Listening einführen

Möchte man wissen, was die Außenwelt über das eigene Unternehmen denkt, dann sollte man zuhören, was über einen gesprochen wird. Dafür eignen sich Messen und Kundenveranstaltungen, Analyse der Serviceanfragen und Ähnliches.

In Zeiten digitaler Kommunikation ist es aber wesentlich, nicht nur die gezielten, selbst initiierten Dialoge auszuwerten, sondern auch in das allgemeine Rauschen im Internet hineinzuhorchen: Wann fällt der Name der eigenen Produkte und in welchem Zusammenhang? Was spricht der Wettbewerb über das eigene Unternehmen? Was sagen Kundinnen und Kunden auf öffentlichen Social Media Plattformen?

Eine systematische und nachhaltige Analyse der Gespräche im Netz und eine gezielte Steuerung der Kommunikation fallen unter den Begriff Social Listening. Es macht für jedes zielorientierte Unternehmen Sinn, sich mit diesem Thema genauer zu befassen.

 

7. Customer Journey analysieren

Welche Wege nimmt der Kunde im Netz oder analog, um an Leistungen, Produkte und Services zu gelangen? Wo und wie »stolpert« er oder verirrt sich?

Kennt man die »Kundenreise« von der ersten Informationssuche bis zum Kauf eines Produktes genauer, dann weiß man, ob die angebotenen Wege die richtigen sind. Darüber hinaus erfährt man, wo der Kunde hin zum eigenen Unternehmen Umwege nehmen muss oder abdriftet.

Customer Journey ist ein Modebegriff geworden, ebenso wie Customer Centricity. Das liegt daran, dass die Wege in digitalen Zeiten sich vervielfacht haben und der Kunde auf unendlich viele Abzweigungen stößt, an denen er zum Wettbewerb abbiegen kann.

Will man dies verhindern, muss man in die eigene Customer Journey investieren. Sie muss den einfachsten Weg zum Ziel darstellen. Die Optimierung und Vereinfachung des Kaufprozesses sind zentrale Erfolgsrezepte von Amazon.

 

8. Feedback-Instrumente schaffen

Wie gefallen die aktuellen Produkte? Was wird am eigenen Unternehmen positiv wahrgenommen, was negativ? Antworten auf diese Fragen erhält man am schnellsten und einfachsten, wenn man die Kundinnen und Kunden fragt. Das klingt banal, wird aber dennoch häufig vernachlässigt.

Unternehmen sollten deshalb digitale und analoge Feedback-Instrumente schaffen. Mittels kleiner Kunden-Gesprächsrunden, via Facebook, durch Messegespräche, Feedback-Bögen usw. Es gibt viele verschiedene Wege, den Kunden um seine Meinung zu bitten.

Die Ergebnisse der Feedback-Instrumente sollten dann möglichst transparent im gesamten Unternehmen kommuniziert werden.

 

9. Kundenbefragungen

Neben eher nicht standardisierten Feedback-Instrumenten ist eine systematische Kundenbefragung immer dann anzuraten, wenn man es mit großen Kundengruppen zu tun hat und diese regelmäßig repräsentativ einschätzen möchte.

Kundenzufriedenheitsbefragungen sind durch Facebook & Co. nicht zu ersetzen, sie ergänzen diese sinnvoll und rücken die Meinungen, die man an verschiedenen Stellen gesammelt hat, ins rechte Licht.

 

10. Social Media-Accounts für das Management

Wie ernst es den Unternehmen mit Offenheit und Dialog ist, lässt sich immer an den Führungskräften ablesen. »Der Fisch« und »der Kopf« – man kennt das Sprichwort. Unternehmen, die wirklich in engem Austausch mit ihren Kunden stehen wollen, dürfen sich nicht verstecken und müssen auch mit Kritik glaubwürdig umgehen. Dies gilt in erster Linie natürlich auch für das Management.

Viele CEOs sind inzwischen in den sozialen Medien vertreten und sprechen dort für ihre Unternehmen. Sie stellen sich dem Dialog – transparent und nahbar. Dies ist ein sehr guter Gradmesser für die Authentizität einer Managementstrategie und für die Ernsthaftigkeit der ausgerufenen Ziele.

Will das Management, dass Kunden und Mitarbeiter zu Botschaftern werden, dann geht es kaum an, dass sie selbst dabei zurückstehen.

 

Customer Centricity in der Unternehmenskultur verankern

Alles in allem zeigt sich, dass Customer Centricity aus einer Haltung besteht, die grundlegend anders ist als das, was traditionelle deutsche Unternehmen bisher gewohnt waren. Es zeigt sich aber auch, dass es viele kleine Bausteine gibt, die auf das Thema Kundenorientierung einzahlen. Es gibt also eine Reihe von Möglichkeiten, mit dem Change zu beginnen. Viele kleine Schritte ändern oft schon viel in den Köpfen aller Beteiligten und lassen zur Selbstverständlichkeit werden, was bisher als exotisch galt.

Erfahren Sie, wie Capita Sie auf Ihrem Weg zu mehr Customer Centricity unterstützen kann.

Weitere Insights