Mit digitalen Selfservice-Angeboten die Kundenbindung steigern
Date Published
30/08/2023
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10 Minuten
In einem zunehmend digitalen Alltag ist es für Unternehmen unerlässlich, ihren Kundinnen und Kunden Selfservice-Dienste mit digitaler Technologie anzubieten. Sie dienen dazu, die Customer Journey zu verbessern, indem sie der Kundschaft mehr zeitliche und örtliche Unabhängigkeit sowie Flexibilität einräumen. Damit stärken Selfservice-Angebote auch die Kundenbindung insgesamt und ermöglichen es Unternehmen, wertvolle Einblicke in mögliche Pain Points zu gewinnen, indem sie die Nutzung solcher Services im Nachgang analysieren. Welche Möglichkeiten gibt es bereits? Welche Innovationen sind auf dem Weg?
Beliebte Selfservice-Anwendungen aus der Online-Welt
Der FAQ-Bereich gehört vielleicht zu den „ältesten“ Angeboten im Selfservice-Bereich. Dabei ist er kein bisschen unbeliebter geworden. Im Gegenteil. Gut gemacht vermittelt er den Kundinnen und Kunden den Eindruck, dass sie zum einen nicht die einzigen sind, die eine bestimmte Fragestellung haben, und zum anderen, dass das Unternehmen ihre Bedürfnisse kennt und ernst nimmt. Statt anzurufen, können einfache Fragen oder auch Anpassungen im Kundenkonto mit dieser Hilfe zur Selbsthilfe schnell und unkompliziert gelöst werden. Das ist effizient für Kund*innen und Unternehmen gleichermaßen.
Umfangreicher sind Wissensdatenbanken, mit deren Hilfe man noch detailliertere Informationen zu Produkten, Dienstleistungen und Problemlösungen erhalten kann. Werden darin relevante Artikel oder Schritt-für-Schritt-Anleitungen nicht nur gut auffindbar, sondern auch visuell ansprechend aufbereitet, stellt das einen echten Mehrwert dar. Ein weiterer Vorteil dieser virtuellen Bibliothek: Von ihr profitieren auch die Mitarbeitenden an den Service-Channels. Gut kuratiert helfen sie zudem dabei, Änderungen schnell und einfach zu übertragen. Da kann kein Infoflyer aus Papier mithalten. Smartes Skalieren von Informationen ist heute wichtiger denn je. Eine gute Wissensdatenbank lohnt sich dabei für Unternehmen nicht nur mit Blick auf die Markenreputation. Sie hilft auch dabei, die Kosten im Customer Care zu senken. Das legt eine Umfrage aus 2020 nahe. Danach möchten 69 % der Kund*innen so viele Probleme wie möglich selbst lösen. 63 % beginnen bei einem Problem immer oder fast immer mit einer Suche in den Online-Ressourcen des Unternehmens.
Inzwischen gibt darüber hinaus eine ganze Reihe an intuitiven mobilen Unternehmensapps und Kundenportalen, mit denen sich Routinefragen leicht selbst beantworten oder die Verwaltung persönlicher Daten selbstständig ausführen lassen. Das Portfolio reicht vom einfachen Zugriff auf Informationen bis hin zu Terminvereinbarungen, Bestell- oder Zahlungsstatus-Abfragen und vielem mehr. Mithilfe gut strukturierter Anleitungen und Suchfunktionen sowie personalisierten Empfehlungen wird die Selbstbedienung zu einer intuitiven und positiven Erfahrung. Und das Beste daran für Unternehmen: Sind Kundinnen und Kunden erst einmal statt in den Weiten des Webs in ihrem Mikrokosmos gelandet, lässt sich Vieles tun, um sie dort zu halten. Nehmen wir das Beispiel REWE-App: Mit der behält die Kundschaft alle Rabattaktionen und Coupons des persönlich favorisierten REWE-Supermarktes und des Onlineangebots im Blick. Aktuelle Angebote sowie Rabattaktionen werden präsentiert und können ganz leicht beim stationären wie auch Onlinekauf genutzt werden. Obendrauf gibt es noch inspirative Rezepttipps durch Eingabe und Suche von Zutaten oder anderen Parametern wie etwa Essensvorlieben. Praktisch, intuitiv und auch optisch ansprechend gestaltet ist das Ganze obendrein. Customer loyality galore!
Durch die Implementierung von Live-Chat-Funktionen oder Chatbots gelingt es Kund*innen ebenfalls schnell und bequem Fragen zu stellen und Antworten auf diese zu erhalten. Intelligente Chatbots können dabei nicht bloß Routineanliegen bearbeiten, sie sind in der Lage, aus der Menge vieler Informationen komplexere Fragen zu beantworten oder Anfragen an die richtigen Ressourcen bzw. Kundendienstmitarbeiter weiterzuleiten, wenn dies erforderlich ist.
Häufig unterschätzt, aber für gewisse Branchen sehr hilfreich, um die Kundschaft zu unterstützen, sind sogenannte Selbstanalyse-Tools. Finanzrechner beispielweise helfen dabei, die eigenen Investitionen zu analysieren, um besser planen zu können. Die comdirect Bank beispielsweise bietet eine ganze Reihe solcher Onlinetools. Strom- oder Gasrechner auf den Seiten von inzwischen nahezu allen Energieversorgern zeigen auf einen Klick, wie hoch der Abschlag bei dem bisherigen Verbrauch sein wird. Gesundheits-Apps unterstützen die Mitglieder von Krankenkassen dabei, ihre Fitnessziele erfolgreicher zu verfolgen oder ihre mentale Gesundheit zu verbessern.
Auch Social Media sind beliebte Anlaufstellen im Selfservice. Sei es die automatisierte Nachricht der Tagesschau im Facebook-Messenger, um täglich in Kürze und mit zugehörigen Links für weiterführende Informationen über aktuelle Entwicklungen weltweit auf Stand oder zeitnah und gezielt zu Großlagen informiert zu bleiben. Ein anderes und beliebtes Feature auf der gleichen Plattform sind die Facebook-Gruppen, die von Unternehmen selbst eingerichtet und zur jeweiligen Fanpage zugehörig angezeigt werden können. Darin unterstützen sich die Gruppenmitglieder ähnlich wie in Foren meist selbsttätig untereinander. Als Best Practice-Beispiel seien hier die Gruppen von Thermomix genannt. In diesen helfen, beraten und tauschen sich die User und Userinnen aktiv untereinander aus. Zwei nette Nebeneffekte hat das Ganze: Die User und Userinnen erhalten Tipps und Hilfe aus der Community. Und ganz ohne eigenes Zutun wird die Marke positiv aufgeladen und bleibt im Gedächtnis. Es entsteht eine echte Bindung. Zum anderen kann das Unternehmen aus den Gruppenunterhaltungen wertvolle Informationen erhalten, um Produktneuerungen auf den Weg zu bringen, die aus dem Austausch innerhalb der Gruppe generiert wurden.
Seit Kurzem gibt es auch auf Instagram ein neues Feature: die sogenannten Broadcast Channels. Hier können Unternehmen exklusiven Content teilen – beispielweise ein „How to“ entlang einem neuen Produkt. Das wäre kein Selfservice im klassischen Sinne, der bei einem Problem abgerufen wird, sondern eine Art Predictive Selfservice-Service.
Eine sehr nützliche Möglichkeit, sich selbst zu helfen, statt erst einmal den Hörer in die Hand nehmen zu müssen, sind Online-Terminbuchungen. Unternehmen in verschiedenen Branchen bieten ihrer Kundschaft diese Form der digitalen Selbsthilfe heute an – vom Friseur bis zum Restaurant. Richtig hilfreich ist diese aber bei der Buchung von Arztterminen wie beispielsweise über die Anwendung doctolib – nicht nur beim bekannten Hausarzt, sondern insbesondere, wenn ein freier Termin bei einem neuen Facharzt gefunden werden will.
Damit kommen wir zu den digitalen Selfservice-Angeboten, bei denen Online in die Offline-Welt hineinspielt. Aus der Pandemienot heraus geboren, arbeitet das Einrichtungshaus Ikea bis heute mit Click & Collect. Einfach die gewünschte Ware zu Hause am Device in den Einkaufskorn legen und die nächstgelegene Ikea-Filiale auswählen. Dort werden dann alle gewünschten Waren zusammengestellt und können zum gewünschten Zeitpunkt am ausgewählten Ort abgeholt werden, ohne die Verkaufsfläche betreten zu müssen. Rechnet man die Zeit, die man braucht, um sich die Sachen selbst im Laden zu suchen und die Tatsache, dass meist noch einiges nicht Geplantes beim schwedischen Möbelhaus im Einkaufswagen landet, dürfte das die vielfach geäußerte Kritik an der Gebühr für diesen Service, schnell entkräften. Ein ähnliches Prinzip verfolgt die Abholstation vom Drogeriemarkt dm: abends online bestellen und am nächsten Tag schnell und bequem alles abholen, ohne durch die Regale schweifen oder an der Kasse anstehen zu müssen. „Hin und weg“ – der perfekte Slogan, den dm für diesen Selfservice kreiert hat.
Kundenfreundliche Selfservice-Angebote im stationären Handel
Was in der Onlinewelt längst möglich ist, nimmt gerade auch im stationären Handel richtig Fahrt auf. So zum Beispiel der DM-eBon. Wer den Überblick über die monatlichen Ausgaben im Drogerie- und Kosmetikbereich behalten oder einen etwaigen Umtausch einfach gestalten möchte, braucht hier keine Kassenzettel mehr sammeln. Der eBon wandert, wenn gewünscht, direkt in die Kundenapp auf dem Smartphone.
Zunehmend selbstverständlicher werden gerade Selbstbedienungskassen, an denen Kund*innen ihre Einkäufe selbsttätig scannen und bezahlen können. REWE oder auch Ikea können dabei erneut als Vorreiter in Deutschland angesehen werden. Rossmann, Obi und andere größere Händler, um ein paar zu nennen, sind dem Beispiel inzwischen gefolgt. Der nächste Schritt, den sowohl REWE als auch Ikea gerade gehen, sind mobile Scanner, die sich Kundinnen und Kunden am Eingang mit in den Einkaufskorb nehmen, um die Ware direkt zu scannen, um dies dann an der Kasse nicht noch einmal tun zu müssen. Aldi plant in diesem Bereich inzwischen den nächsten Schritt: Das Unternehmen hat im letzten Sommer einen Testlauf in einem Utrechter Supermarkt gestartet, wo man ganz ohne Kassen auskommen möchte und man nicht einmal mehr den Self-Checkout durchführen muss.
Selfservice-Angebote sind optimale Erweiterung zum klassischen Service
Die Liste an Beispielen für Selfserviceangebote ließe sich endlos fortsetzen. Im Grunde geht es aber immer um das Gleiche: Den Kundinnen und Kunden zu vermitteln, dass man ihre Bedürfnisse in einer zunehmend digitalen Zeit und einem herausfordernden Alltag zwischen Familie und Arbeit vereinfachen möchte. Und ganz nebenbei werden so vielleicht Ressourcen frei, die an anderer Stelle zum Einsatz kommen können. Der Faktor Mensch bleibt bei alledem dennoch wichtig. Denn wenn der Selfservice mal „streikt“, braucht es kompetente Mitarbeitende, die den Kundinnen und Kunden dann prompt zur Seite stehen, damit die Kundenerfahrung durchgehend positiv bleibt.