3 Fragen an … Tino Haltenhof zum Einsatz von WhatsApp im Kundenservice
Date Published
12/09/2019
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In einer neuen Ausgabe unserer Interviewreihe erzählt Tino Haltenhof, Projektleiter Medien am Standort Köln, wie WhatsApp den Publikumsservice bereichert hat.
Sabine Haas: In Eurem Projekt für ein großes Medienhaus bietet Ihr seit etwa einem Jahr auch Servicebetreuung über WhatsApp an. Wie wird dieser Kanal denn insgesamt angenommen?
Tino Haltenhof: Der Kanal wird überaus positiv angenommen. Das war von Anfang an so. Es werden von den Radiosendern inzwischen recht häufig – neben den klassischen Eingangskanälen wie Telefonie und E-Mail - Aktionen über WhatsApp abgewickelt. Die Menschen sind, besonders wenn es nicht nur um das Schreiben geht, überaus kreativ und teilen ihre Bilder mit dem Sender oder senden Videos und Audiofiles. Einige singen uns auch über WhatsApp ein Ständchen. Die Lebendigkeit und Vielfalt in den Reaktionen auf diesem Kanal sind wirklich bemerkenswert.
Dabei finde ich es besonders interessant, dass die Akzeptanz von WhatsApp relativ unabhängig vom Alter ist. Wir betreuen in unserem Projekt verschiedene Radioprogramme für verschiedene Zielgruppen. Niemanden hat überrascht, dass die jungen Radiohörerinnen und -hörer (20 bis 39 Jahre) bei WhatsApp sofort aktiv geworden sind. Aber dass auch bei den älteren Publika (Oldie-Sender) WhatsApp sofort funktioniert hat umso mehr. Das haben wir so tatsächlich nicht erwartet. Anscheinend erleben es alle als eine Vereinfachung, nicht in jedem Fall zum Hörer greifen zu müssen und stattdessen eine WhatsApp zu schreiben oder eine Sprachansage zu senden. Gerade, wenn man die Zielgruppen mobil in bestimmten Situationen jenseits von zu Hause erreichen möchte, ist WhatsApp ein guter Weg.
Sabine Haas: Was genau ist denn in diesem Zusammenhang das Besondere an WhatsApp?
Tino Haltenhof: WhatsApp ist in meinen Augen zunächst viel beweglicher und auch optisch ansprechender als beispielsweise eine E-Mail. Der Kunde kann kreativere Programmaufrufe starten und dies relativ spontan. Die Menschen, die das Programm verfolgen, haben durch WhatsApp sehr geringe Zugangsbarrieren. Sie senden ganz einfach mal eben von unterwegs ein Bild, ein Video oder eine Sprachnachricht. Ich kann mir vorstellen, dass viele User auch die Schnelligkeit und die Distanz gegenüber einem linearen Gespräch schätzen. So entfällt einerseits die Warteschleife, andererseits muss man dem Gegenüber nicht erst erläutern, was das Anliegen ist. Auch ist die Kommunikation über WhatsApp grundsätzlich lockerer.
Für uns als Dienstleister stellt WhatsApp natürlich eine zusätzliche Herausforderung dar. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter können nicht über Standard-Textbausteine antworten, sondern müssen einen authentischen und individuellen Schreibstil entwickeln. Das ist bei WhatsApp nicht anders, als bei allen anderen Social-Media-Kanälen. So kommt ein wesentlicher Skill hinzu: Neben der perfekten Gesprächsführung am Telefon und der formal exakten Bearbeitung von schriftlichen Anfragen, muss jetzt ebenso ein »Ton auf Augenhöhe« in den digitalen Dialog-Kanälen gefunden werden. Unser Team erlebt dies allerdings als eine positive Veränderung: Die neuen Medien sorgen für Abwechslung und Freiräume, man wird oftmals durch den Ideenreichtum der Nutzerinnen und Nutzer positiv überrascht. Es macht den meisten viel Spaß, mit den neuen Kanälen – auch mit WhatsApp – umzugehen.
Sabine Haas: Kann man WhatsApp grundsätzlich für den Kundenservice empfehlen oder funktioniert das nur in der Medienbranche?
Tino Haltenhof: Ich denke, für die Medienbranche ist WhatsApp genau das Richtige, ganz besonders, wenn es um Aktionen oder Kampagnen geht. Der Draht zu den Hörern und Zuschauern ist dadurch neben Facebook, Instagram, Twitter usw. noch einmal größer geworden. Wobei man definitiv nicht die Tatsache vernachlässigen sollte, dass die Qualität der Anliegen oftmals sehr niedrig ist: Manchmal werden lediglich Emoticons gesendet, die stellenweise als Aussage schwer zu deuten sind. Grundsätzlich denke ich schon, dass sich jedes Unternehmen jegliche Kommunikationswege anschauen und dann mit einem kritischen und genauen Blick – auch in Richtung Datenschutz – entscheiden sollte.
Wenn wir Kunden in diesem Feld beraten, nehmen wir alle Folge- und Nebenwirkungen in den Blick: Die Organisation im Callcenter genauso so wie die notwendigen Tools und die Absicherung gegen Eskalationen. Oftmals wird dann auch geschaut, ob die Themen zu den verschiedenen Kanälen passen oder nicht. Es ist also immer eine Einzelfallentscheidung, ob WhatsApp Sinn macht oder man diesen Kanal im geschäftlichen Umfeld besser nicht anbietet.
Tino Haltenhof, Projektleiter bei Capita in Köln